Wieso soll das Kunst sein?
7000seeds ist eine sozial-ökologische Skulptur
Mehr als Bäume pflanzen – Die soziale Skulptur
2 Dinge sind essentiell für 7000seeds, damit es als Kunstwerk gelesen werden kann: die Bepflanzung selbst und der begleitende partizipative Dialog. Zusammen bilden sie die soziale Skulptur. Das, was ihr im Dialog gemeinsam überlegt, vereinbart und entscheidet, wird sichtbar in den Pflanzen für die Begrünung. Die Pflanzen interagieren mit der unmittelbaren Umwelt und sorgen für ein besseres Klima der Umgebung, für mehr Artenvielfalt und können sogar helfen, Habitatlücken zu schließen. Ihr seid diejenigen, die einen sozialen und ökologischen Kreislauf in Gang setzen, denn mit der Begrünung selbst hört der Dialog nicht auf – Pflanzen brauchen regelmäßige Pflege, d.h. auch hier sind Eure Aktivitäten und Euer Denken gefordert.
Wenn ihr Euch Euer Projekt als vierdimensionales Objekt vorstellt – Höhe, Breite, Tiefe, Zeit – dann wird hier eine Skulptur sichtbar – eine Raum-Zeit-Skulptur. Die Pflanzen wachsen in jede Richtung und dehnen sich aus. Der Robinienpfahl hingegen verwittert im Laufe der Zeit – seine Masse nimmt ab. Dieses Spannungsfeld zwischen Werden und Vergehen läßt sich auf Euren vorangegangenen Dialog übertragen. Ihr habt Sprache geformt, die jedoch flüchtig ist, denn nach dem Aussprechen, verhallt jedes Wort. Dennoch ist es präsent – in der schriftlichen Dokumentation Eurer Entscheidungen. Schwarz auf weiss, dem höchsten denkbaren Kontrast.
Das, was ihr mit Eurem Projekt schafft bezeichnet man als soziale Skulptur (soziale Plastik). Dies ist ein Konzept aus der Kunst und beschreibt den „erweiterten Kunstbegriff“, den Joseph Beuys geprägt hat. Im Kern bedeutet die soziale Skulptur, dass ein Kunstwerk nicht erst ein Kunstwerk ist, wenn man es sehen kann, sondern dass Kunst im Denken beginnt und somit das Kunstwerk auch dort beginnt, d.h. die/der Künstler:in untrennbar mit dem Werk verbunden ist. Durch unser Denken, unsere Sprache und durch unsere Handlungen formen wir uns und unsere Umwelt. Somit ist für Beuys jeder Mensch ein:e Künstler:in – ganz gleich in welcher Funktion sie/er wirkt.
7000 Eichen – Joseph Beuys
7000 Eichen – „Stadtverwaldung statt Stadtvewaltung“ wurde zur Documenta 1982 von Joseph Beuys initiiert und dauerte insgesamt 5 Jahre. Im gesamten Stadtgebiet von Kassel wurden Bäume (nicht nur Eichen) gepflanzt.
Zum Start 1982 kippte Beuys vor dem Fridericianum 7000 Basaltstelen auf. Die ersten beiden Bäume pflanzte er mit je einer eingelassenen Stele vor den Eingang des Fridericianums. In Bürgerbeteiligungsprozessen konnten sich Bürger als Baumpaten melden und einen Platz zum Pflanzen von Bäumen nennen und eine Baumpatenschaft übernehmen. Für jeden gepflanzten Baum wanderte eine Stele vom Steinhaufen neben den neu gepflanzten Baum. Stadtbild und Stadtklima profitieren bis heute von dieser Aktion. Mehr Infos siehe auch hier: https://www.7000eichen.de/
Wir wollen die Idee von Beuys mit einer Vielfalt an Pflanzen ergänzen, die zum jeweiligen Umfeld passen und die überall wachsen dürfen, wo Menschen es sich wünschen: horizontal, vertikal, Zier- oder Nutzpflanzen, in Gruppen oder als Solitäre.
Gleichzeitig wird der begleitende Dialog um Elemente aus der Soziokratie ergänzt, die für uns ein herausragendes Konzept für demokratisches und effektives Handeln ist. Ihre wesentlichste Unterscheidung zur Basisdemokratie ist die Entscheidung per Konsent und nicht per Konsens, um Entscheidungen schnell in die Umsetzung zu bringen – Grundsatz: „Good enough for now, safe enough to try.“ (mehr Infos: soziokratiezentrum.org, sociocracyforall.org)